Die Hilfspakete der Bundesregierung

Am 12. Januar 2023 waren die Landtagsabgeordnete und wirtschaftspolitische Sprecherin der Grünen, Barbara Fuchs, und der Direktkandidat für den Land­kreis Neustadt/Aisch-Bad Windsheim, André Höftmann, zu Gast im Kolbhaus, um einen Überblick über die mittlerweile zahlreichen Hilfspakete der Bundes­regierung zu geben.

Grüne Post: Die Coronakrise war noch nicht vorbei, da stand die neu ge­wählte Bundesregierung bereits vor einer neuen, nicht minderschweren Krise, dem Krieg Russlands gegen die Ukraine. Durch die in den letzten Jahr­zehnten stetig vergrößerte Abhän­gig­keit Deutschlands von russischem Erd­öl und Erdgas schnellten die Ener­gie- und Heizkostenpreise in die Höhe und die Inflation wuchs rapide. Die Bundesregierung entlastete Privatper­sonen und Unternehmen mit zahl­reichen Maßnahmen. Könntet Ihr kurz benennen, welche dieser Maßnahmen für Privatpersonen Entlastung brin­gen?

Barbara Fuchs: Die Bundesregierung hat umfangreiche Entlastungspakete geschnürt. Gemeinsam umfassen sie nun mehr als 95 Milliarden Euro. Zu­sätzlich werden mit einem Abwehr­schirm über 200 Milliarden Euro die Energiekosten gedämpft. Der Fokus liegt darauf, Bürger*innen in dieser he­rausfordernden Zeit zu unter­stützten und Arbeitsplätze zu sichern. Dabei han­delt es sich um zahlreiche Einzel­maßnahmen in den verschie­den­sten Bereichen mit passgenauen Hilfen für Kinder, Familien, Wohnen, Mobilität, Arbeit und Leben.

Grüne Post: Für sehr viele Menschen könnte ja nun Wohngeld in Betracht kommen. Wer genau hat nach den neuen Regelungen Anspruch darauf?

Barbara Fuchs: Das neue Wohngeld Plus richtet sich an Haushalte mit ge­ringen Einkommen. Es wird als Zu­schuss an Haushalte gezahlt, deren Einkommen knapp oberhalb der Grund­sicherungsgrenze liegt. Zu den rund 600.000 bisher bereits Berech­tigten kommen etwa 1 Million Haus­halte, deren Einkommen bislang die Grenzen für einen Wohngeldanspruch überschritten haben. Dazu können weitere rund 380.000 Haushalte Wohn­geld bekommen, die damit nicht mehr auf Arbeitslosengeld II oder Sozialhilfe angewiesen sind.

Grüne Post: Gilt das auch für Haus­eigentümer mit hohem Abtrag?

Barbara Fuchs: Auch Eigen­tümer­*innen mit geringeren Einkommen kön­nen grundsätzlich Wohngeld erhal­ten. Es dient der wirtschaftlichen Sicherung angemessenen und fami­lien­gerechten Wohnens.

Grüne Post: Wann ist mit der ersten Auszahlung zu rechnen?

Barbara Fuchs: Der Antrag wird bei der zuständigen Wohngeldbehörde ge­stellt. In unserem Fall beim Land­ratsamt. Je nach Antragsaufkommen kann die Bearbeitung einige Wochen in Anspruch nehmen. Empfehlenswert ist in jedem Fall eine digitale Antrag­stellung über das bereitgestellte On­line-Formular auf der Webseite des Kreises.

Grüne Post: Besonders die Strom- und Heizkosten sind ja sehr gestiegen. Mit welchen Entlastungen ist zu rec­hnen und wann treten sie in Kraft:

André Höftmann: Für Erdgas­kun­d*innen hat die Bundesregierung eine Soforthilfe geschaffen, die die Zeit bis zur Einführung der beschlossenen Preisbremse überbrücken sollte. Dafür wurde allen Haushalten, die Erdgas oder Fernwärme beziehen, die De­zem­ber-Abschlagszahlung erlassen. Ähnlich verhält es sich bei den Preisbremsen für Strom, Erdgas und Fernwärme. Diese treten im März 2023, rückwirkend zum Januar 2023, in Kraft. Dabei wird der Energiepreis für 80 % des Vorjahresverbrauchs preislich gedeckelt.

Grüne Post: Wer kann diese Hilfe erhalten und was ist dafür zu tun, wo müssen z.B. Anträge gestellt werden?

André Höftmann: Sowohl die Abwick­lung der Dezember-Soforthilfe als auch die Energiepreisbremse erfolgt automatisch über das jeweilige Versor­gungsunternehmen. Endkund*innen müs­sen hier in der Regel nichts unter­nehmen. Die Abschlagszahlungen und Lastschrifteinzüge werden entspre­chend angepasst. Über die Umset­zung informieren die Energie­ver­sorger.

Grüne Post: Es soll auch ein Nach­folgemodell des 9-Euro-Tickets, das 49-Euro-Ticket, geben? Ab wann ist damit zu rechnen und was deckt es ab?

André Höftmann: Nachdem sich eini­ge Landesregierungen, wie auch in Bayern, zunächst quergestellt haben, wird das 49-Euro-Ticket nun zum 1. Mai 2023 kommen. Dabei handelt es sich um ein Monatsabo, welches fle­xibel von Monat zu Monat gekündigt werden kann. So ist es möglich, für 49 Euro im Monat ganz bequem alle Nah­verkehrsangebote in Deutschland zu nutzen, ohne regionale Unterschiede, egal wo in der Republik man gerade ist - ob Zuhause, im Urlaub oder auf Geschäftsreise.

Grüne Post: In der Öffentlichkeit eher unbekannt sind die sogenannten Midi-Jobs. Was versteht man darunter und was hat sich hier geändert?

Barbara Fuchs: Midi-Jobs sind län­ger­fristig ausgelegte kleinere Beschäf­tigungsverhältnisse im Übergangs­bereich zwischen Mini-Jobs (bis 520 €/Monat) und einer Beschäftigung von bisher bis 800 bis nun bis 2.000 € Vergütung pro Monat. Im Gegensatz zum Mini-Job haben Be­schäftigte den vollen Anspruch auf Sozialversiche­rungs­lei­stungen. Dabei sind jedoch die Sozial­versi­che­rungs­beiträge auf Arbeit­nehmerseite redu­ziert, so daß dem Arbeitnehmer mehr Geld übrig bleibt.

Grüne Post: Wobei wir bei den Klei­nen und mittelständigen Betrieben wären. Könntet Ihr hier kurz die be­schlossenen Maßnahmen auflisten?

Barbara Fuchs: Für kleine und mit­telständische Unternehmen (KMU) haben Bund und Länder bereits im vergangenen Jahr sogenannte Härte­fallregelungen auf den Weg gebracht. Damit soll Betrieben im Einzelfall ge­holfen werden, die trotz der Dezem­ber-Soforthilfe und der Strom- und Gas­preisbremse von besonders stark gestiegenen Mehrkosten für Strom und Gas betroffen sind. Dafür stellt der Bund den Ländern eine Milliarde Euro aus dem Wirtschaftsstabilisierungs­fonds zur Verfügung. Derzeit arbeitet der Freistaat immer noch an den Auszahlungsmodalitäten.

Grüne Post: Gerade die steuerlichen Entlastungen scheinen sehr groß zu sein. Was wurde hier konkret be­schlos­sen?

André Höftmann: Über das Inflations­ausgleichsgesetz und das Jahres­steuergesetz wurden zahlreiche Maß­nahmen beschlossen, um die Steuer­last an die Preisentwicklung anzupas­sen und die steuerlichen Mehrbe­lastungen auszugleichen. Dazu wur­den die Tarife der Einkommenssteuer verändert sowie Grundfreibetrag, Kin­derfreibetrag und „Soli“-Freibetrag ange­hoben. Auch die Homeoffice-Pau­schale wurde entfristet und insge­samt verbessert. Seit Anfang dieses Jahres sind auch Rentenbeiträge voll steuerlich absetzbar.

Grüne Post: Und wie sieht es mit den Energiekosten für die Unternehmen aus?

André Höftmann: Als Kernelemente des Abwehrschirms der Bundesre­gierung findet die Preisbremse für Strom, Gas und Wärme auch für Unternehmen Anwendung, um die Ener­giekostensteigerungen als Folge des russischen Angriffskriegs abzu­federn. Dabei orientiert sich die Umsetzung für kleine und mittel­ständische Unternehmen (KMU) an den Regelungen für Privathaushalte. Für energieintensive Industriebetriebe gelten davon abweichende Rege­lun­gen.

Grüne Post: Es gibt noch zahlreiche andere Entlastungen. Wo erfährt man mehr zu den einzelnen Maßnahmen?

André Höftmann: Die Webseite der Bundesregierung bietet einen guten Überblick über alle Entlastungsmaß­nahmen: www.bundesregierung.de/breg-de/themen/entlastung-fuer-deutschland/drittes-entlastungspaket-2082584

Weiterführende Informatio­nen gibt es insbesondere auf den Seiten der Fachministerien, beispiels­weise alles rund um den Energie­bereich beim Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz:

www.bmwk.de/Navigation/DE/Home/home.html

Grüne Post: Vielen Dank für die umfangreichen Informationen und viel Erfolg bei der Landtagswahl im Oktober!


Das Interview führte Ursula Pfäfflin Nefian