Christian Schmitz ist Berater bei Biokreis
Biokreis – ein Mit-mach-Bioverband
Interview mit dem Berater von Biokreis zur nachhaltigen Landwirtschaft
Grüne Post: Lieber Christian, Du bist Berater vom Biokreis Erzeugerring, berätst also Bauern, die entweder schon nach biologischen Richtlinien Eures Verbands arbeiten oder auf Bioproduktion umstellen wollen. Was versteht man eigentlich unter einer nachhaltigen Landnutzung?
Christian Schmitz: Nachhaltige Landnutzung bedeutet für uns, daß wir schonend mit unserem Boden umgehen, ihn über Generationen fruchtbar halten, bedeutet im Detail: Verdichtungen möglichst gering halten( z.B. nicht mit schweren Maschinen auf zu nassen Feldern fahren), den Humusanteil erhalten bzw. sogar steigern durch eine angepasste Wirtschaftswiese, das Bodenleben fördern, um mal ein paar Dinge zu nennen. Diese Dinge sind mit einfachen Methoden möglich, wie eine vielfältige Fruchtfolge mit Pflanzen, die Humus aufbauen durch ausgedehntes Wurzelwachstum, Tiefwurzlern und Pflanzen, die viel Biomasse bilden (z.B. Luzerne und Kleegrasmischungen,Einsatz von Zwischenfruchtmischungen). Hier lässt sich noch sehr viel sagen. Im Prinzip geht es darum, was man dem Boden nimmt, muss er in irgendeiner Form auch wieder zurückbekommen.
Grüne Post: Im Bioanbau werden kaum chemische Substanzen eingesetzt. Wie wirkt sich das auf die Böden aus im Unterschied zu konventioneller Nutzung?
Christian Schmitz: Das ist ein wichtiger Punkt. Auf Böden, auf den keine Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden, entwickelt sich das Bodenleben wesentlich besser. Man findet im Vergleich wesentlich mehr Regenwürmer. Auf Böden ohne Pflanzenschutzmittel entsteht eine größere Artenvielfalt im Boden. Was vielleicht besonders interessant ist, auf Böden, wo kein Glyphosat ausgebracht wird, gehen Pflanzenwurzeln Symbiosen mit Pilzen ein, z.B. Mykorrhizen. Das stärkt die Pflanzen, indem mit dem Pilz auch Nährstoffe ausgetauscht werden. Interessant ist, zu Beginn der Umstellung konventioneller Flächen findet man diese Pilzarten kaum, nach einigen Jahren ökologischer Bewirtschaftung kommen sie von selbst
Grüne Post: Wie ist der Zusammenhang von Landwirtschaft und Klima? Wieso hat die Art und Weise der landwirtschaftlichen Nutzung der Böden einen so großen Einfluß auf das Klima?
Christian Schmitz: Der Boden ist Kohlenstoff- und Wasserspeicher. Im Speziellen geht es hier um die Humusschicht. Ich kann nicht oft genug betonen, wie wichtig sie ist. Eine aktive Humusschicht bringt dem Landwirt einen guten Ertrag, auch kann sie längere Trockenphasen überbrücken. Die Dürreschäden im letzten Jahr zeigen auch, wie stark wir überall den Boden geschädigt haben, auch im Wald durch einseitige Wirtschaftswiese. Ein gesunder Boden kann sehr viel Kohlendioxid in Form von Kohlenstoff und sehr viel Wasser speichern, das dann wieder verdunsten kann, was wiederum zu Niederschlägen führt; somit ein eigenes Kleinklima bildet, vergleichbar mit dem Regenwald. Es ist ein großer Kreislauf, wo alles eine Rolle spielt: Boden, Vegetation, Wasser, Luft, Temperatur. Verändern wir eins, ändert sich das ganze System.
Grüne Post: Immer wieder hört man nun, “Regional ist das neue Bio”. Was hältst Du davon?
Christian Schmitz: Regional ist gut. Der Transport über weite Strecken schadet nur der Umwelt. Warum nicht das essen, was in der Region wächst? Regional erzeugt ist aber trotzdem nicht so gut wie Bio. Denn konventionell wird trotzdem weiterhin chemisch-synthetisch gedüngt und Pflanzenschutzmittel ausgebracht. Das hat auch Auswirkungen auf Nährstoff- und Vitamingehalte in den Lebensmitteln. Für mich bleibt - es geht kein Weg an Bio vorbei. Wer nicht Biolebensmittel kaufen möchte, sollte wenigstens darauf achten, regional erzeugte Lebensmittel zu kaufen. Selbstverständlich sollten die Biolebensmittel auch aus der Region stammen.
Grüne Post: Aber auch bei Bioprodukten scheint mir einiges fragwürdig, zum Beispiel Biofrühkartoffel aus Ägypten oder die Verpackung von Biolebensmitteln in Plastik. Welchen Einfluß haben die Bioverbände darauf?
Christian Schmitz: Da kann auch der Konsument großen Einfluß nehmen. Wenn es nicht gekauft wird bietet es dann auch bald keiner mehr an. Plastikverpackung ist ein Problem, auf das jetzt mehr geschaut wird. Da findet gerade ein Wandel statt. Ein Problem ist die Verpackungsverordnung. Beispiel: Bio-Gurke und Konventionelle müssen voneinander erkennbar getrennt sein. Deshalb hat die Biogurke oft in Supermärkten eine Plastikfolie mit Aufdruck. Mittlerweile kann mit einem Laser das Biologo in die Gurkenschale gebrannt werden. Somit ist die Folie überflüssig. Wir vom Biokreis haben auch noch ein Logo Regional und Fair. Besagt im Ganzen, daß Produkte, die mit dem Logo ausgezeichnet sind, die Zutaten nur im 200 km Umkreis um seinen Standort beziehen dürfen. Wir als Bioverbände haben da wenig Einfluß, da jeder Verband andere Interessen hat. Zum Beispiel Naturland zertifiziert Produkte auf der ganzen Welt (z.B. Kaffee, Tee). Wir sind nur in Deutschland aktiv. Machen sie es nicht würde es diese Produkte nur als Eu-Bio geben.
Grüne Post: Uns Verbrauchern sind die großen drei Biolabel bekannt: Bioland, Naturland und Demeter. Darüber hinaus gibt es noch EU-Bio. Doch in letzter Zeit findet man auch immer wieder das Label von Biokreis in den Lebensmittelläden. Was ist Biokreis und wie unterscheidet Ihr Euch von den anderen Bioverbänden?
Christian Schmitz: Wir sind ein kleinerer Bioverband, gegründet von Verbrauchern und Landwirten in der Region Passau. Ein großer Unterschied zu den anderen Verbänden ist, daß bei uns jeder Mitglied werden kann und auch die Politik des Verbandes mit gestalten darf. Auf unserer jährlichen Mitgliederversammlung hat jeder ein Stimmrecht, darf auch persönlich anwesend sein und seine Themen auf die Tagesordnung bringen. Ich würde mir wünschen, daß noch mehr Verbraucher bei uns mitmachen, so können sie ein Verbandsbio nach Ihren Wünschen gestalten und der Landwirt hat den direkten Draht zum Verbraucher. Nur gemeinsam kommen wir wieter. Ein weiterer Unterschied: Wir setzen auf den Biofachhandel, heiß, wir gehen keine Kooperation mit Aldi, Lidl oder anderen ein. Bei uns gibt es keine Vermarktungsgesellschaft, unsere Landwirte vermarkten alles selbst, sind dadurch freier im Handeln und unabhängiger. Wir unterstützen sie dabei.
Ich hoffe ich habe Ihr Interesse geweckt. Schauen sie sich einfach mal unsere Internetseite www.biokreis.de an. Hier können sie noch einiges über uns erfahren.
Schöne Grüße Christian
Grüne Post: Vielen Dank für dieses Gespräch.
Das Interview führte Ursula Pfäfflin Nefian