Norbert Reinzuch, Gemeinderat (fast) a. D.

„Ade!“

Nach 18 Jahren Gemeinderatstä­tig­keit ist jetzt - so glaube ich- die rich­tige Zeit gekommen, um diesen ur­frän­kischen Abschiedsgruß auszu­sprechen und Platz für neue Ideen und Köpfe im Gemeinderat zu schaf­fen.

Um mich für diesen Beitrag zu in­spirieren habe ich mir die Vorstel­lungsworte, welche ich 2002 für die allererste Grüne Post geschrieben habe, rausgesucht. Das Augen­fäl­ligste: mein Haar ist inzwischen mäch­tig grau geworden und das Ge­sicht tief mit Falten durchfurcht. Aber das ist nur das Oberflächliche. In­ner­lich waren es unheimlich inten­sive 18 Jahre. Vor jeder Sitzung war ich (bis zum heutigen Tag) nervös. Was kommt auf mich zu? Habe ich richtige und ausreichende Argumen­te für meine Anliegen?

In diesen Jahren habe ich viel über die Gemeinde Gutenstetten gelernt, bin vielen guten und engagierten Men­schen begegnet - ja, ich möchte diese Zeit nicht missen, auch wenn sie mich unglaublich viel Energie gekostet hat.

Vor 18 Jahren bin ich mit dem lei­tenden Gedanken in den Gemein­de­rat gestartet: „Global denken- lokal handeln“. Dieser Überzeugung bin ich bis zum heutigen Tag treu ge­blie­ben und hat sich zu einer Halt­ung verfestigt. Ich bin tief davon über­zeugt, dass Alles miteinander vernetzt und verbunden ist. Ent­schei­dungen, die wir im Gemeinde­rat treffen, wirken über die gemein­dlichen Grenzen hinaus. In diesem Bewusstsein habe ich mein Amt aus­geübt. Ob es um die Förderung von Regenwasser-zisternen ging, um die erste Bürgersolaranlage in Gu­tenstetten oder die heftige Aus­ein­andersetzung um den besten Hochwasserschutz für den Ort Gu­tenstetten. Stets hat mich diese Über­zeugung geleitet. Die Themen, welche die Weltpolitik derzeit be­herrschen, sind Klimawandel und da­raus resultierende Wetterextreme; Flucht und deren Ursachen; Ver­müllung durch Verpackungsmaterial, dass man inzwischen selbst in den entferntesten Regionen unserer Erde findet. Nicht ohne Stolz kann ich behaupten (ohne es statistisch, beweisen zu können), dass wir, Bündnis 90/Grünen, die meisten An­träge gestellt haben, die dieser globalen Verantwortung gerecht wur­den und über den Tellerrand der Gemeinde hinauswirkten.

Ein Herzensanliegen war es und ist es mir auch, dass die Gemeinde sich darauf besinnt, welche Vorzüge und Schönheiten sie doch hat. Die abwechslungsreiche Landschaft, die topografische Lage am Fuße des Steigerwalds, die noch relativ intakte Natur, der Erholungswert. Wir kön­nen dankbar sein, dies zu haben und wir sollten es wertschätzen und alles dafür tun, dies zu erhalten. Wir müssen nicht mit städtischen Regio­nen um Siedlungs- und Gewerbe­gebiete wetteifern. Das zerstört nur diese Lebensqualität. „Stillstand ist Rückschritt“, aus meiner Sicht ist dies deshalb der dümmste Spruch, den es gibt!

Dagegen geht die Restaurierung des Kolbanwesens meines Erach­tens in die richtige Richtung, um die ländliche und regionale Identität zu bewahren. Eine große Aufgabe wird es sein, das Haus mit Leben zu fül­len und am Leben zu halten.

Bei so mancher Auseinan­der­set­zung holte ich mir eine blutige Nase, unbequeme Wahrheiten wurden jüngst zur Lüge deklariert. Auch das gehörte zu meinem 18-jährigen poli­tischen Alltag. So möchte ich mich bei allen Bürgerinnen und Bürgern von Herzen bedanken die mir ihr Vertrauen geschenkt haben, die mir immer wieder Mut gemacht haben, diesen Weg weiter zu gehen und auch den Konflikt nicht zu scheuen.

Den neuen Gemeinderätinnen und Gemeinderäten wünsche ich kluge Entscheidungen und den Mut, über die Grenzen der Gemeinde zu schau­en, nicht nur den eigenen Ver­ein, Partei oder Gruppierung im Fo­kus zu haben und das Bewusst­sein: mit meiner Entscheidung vor Ort kann ich die ganze Welt bewegen!

Ade - schee woars!

Norbert Reinzuch

Gemeinderat (fast) a. D.